Als die Riesen schon lange nicht mehr im Riesental lebten,
bauten sich die Ritter von Riedesel eine Burg auf die Blaue
Haube. Die Einwohner von Horsmar, Beyrode, Dachrieden und
Eigenrode mussten die Bau- und Handlangerarbeiten, Hand- und
Spanndienste leisten. Den Rittern gehörte auch der Wald
(das Anroth).
Nach vielen Jahren wurde die Burg belagert. Dabei schleuderten
die Angreifer große Steine gegen die Mauern der Burg. Die
Steinschleuder war sehr schwer und war von vielen Pferden
den steilen Berg hinaufgezogen worden. Die Tiere mussten sich
so sehr anstrengen, dass ihre Hufe tief in einen großen Stein
eindrangen. Auch die Räder drückten sich in diesen Stein so
tief ein, dass heute noch Huf- und Radspur zu sehen sind.
Ehe es den Belagerern gelang, die Burg zu erobern, hatten
die Ritter längst ihre Gold-, Silber- und Edelsteinschätze
vergraben. Da ein unterirdischer Gang ins Freie führte, weiß
man nicht, wo die Schätze liegen. Eines Nachts flohen Ritter
und Familie. Die Burg wurde zerstört. Mauerreste davon waren
noch im Anfang des 20. Jahrhunderts zu sehen. Nach dem 1.
Weltkrieg fuhr ein Landwirt die Steine zum Hausbau nach
Dachrieden.
Viele Jahre nach der Flucht der Rittersfamilie kam ein Nachfolger
der Riedesel nach Horsmar. Er ging zum Schulzen
(Bürgermeister) und bat ihn, er sollte ihm den Waldbesitz im
Anroth zeigen. Der Schulze zog sich langsam seine schweren
Schuhe an und überlegte dabei, was zu tun sei.
Längst hatten die Horsmarer in dem Wald Bäume gefällt und
junge angepflanzt. Das hätten sie gern weiter so gehalten.
So wusste sich der Bürgermeister noch keinen Rat, als sie
schon an den Wald kamen. Da fragte der Fremde: "Gehört der
ganze Wald meinem Geschlecht?" Da zuckte ein blitzschneller
Gedanke durch das Gehirn des Schulzen. Er sagte schnell und
sicher: "I, nein, nur das linke Dreieck von diesem schrägen
Weg bis an den Steingraben." Was, mehr ist das nicht?
Wissen Sie was? Ich schenke der Gemeinde Horsmar diesen
Besitz derer von Riedesel."
Der Schulze glaubte nicht recht zu hören.
Aber es war so. Der Fremde verabschiedete sich und ritt
seines Weges weiter.
Als der Schulze am gleichen Abend dieses Erlebnis an die
Einwohner bekanntgab, waren alle hoch erfreut.
Einige erklärten sich mit der Art und Weise des Erwerbes
nicht einverstanden. Aber waren denn die Ritter auf eine
rechtschaffene Weise zu ihrem Besitz gekommen?
Sie schlugen deshalb vor, den schrägen Weg hinfort "Riedeselsweg"
zu nennen. Damit wollte man dem Rittergeschlecht
einen kleinen Dank aussprechen.
Später kürzte man das Wort auf "Eselsweg".
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