Es ist schon lange her, mehr als 100 Jahre. Damals war das
Haus von Henning Nr. 38 das letzte an der Unstrut nach Dachrieden
zu. Hinter der Scheune bog das Flüsschen ein wenig
nach Süden aus und hatte seine tiefste Stelle am Außenbogen.
Weiter nach Norden verflachte sich das Wasser so sehr, dass
die Wasserträger ihre Eimer nicht einschöpfen konnten.
Sie gruben da. wo die Wassergasse auf die Unstrut stieß, eine
grabenähnliche Vertiefung und befestigten am Ufer einen
vierkantigen Eichenbalken, auf den sie sich beim Füllen der
Eimer stellen konnten. Oft holten die Anlieger in der Dämmerung
oder gar noch später beim Mondenschein eine oder mehrere
Last Wasser. Wenn man dann genau auf die kleinen Wellen
achtete, wenn das Licht des Mondes auf dem Wasser spielte,
wenn die Büsche am Ufer vom Winde leicht hin und her gebogen
wurden, sah man die Gestalt eines Säuglings.
Wurde im Dorf ein Kind geboren, so sagte man, es sei aus dem
Henningstümpel.
Manche von den Erwachsenen behaupteten, bei zunehmendem
Monde könne man einen Jungen, bei abnehmendem ein Mädchen
erhalten. Es gab auch gegenteilige Meinungen. In diesem Punkt
konnte bis heute keine Einigkeit erzielt werden.
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